Die
Fußballweltmeisterschaft steht vor der Tür, und wenn man viele Fans fragt, tun
sie sich schwer die Namen aller Spieler der Seleção komplett aufzuzählen. Wenn
man aber nach den Namen der Richter des obersten brasilianischen Gerichts
fragt, die derzeit über Ex-Präsident Lulas Zukunft entscheiden können, dann
kann sie jeder Taxifahrer und fast jeder Mitarbeiter der bezahlten Parkplätze
nennen, wenn man sich mit ihnen unterhält. Brasilien ist kein Fussballland
mehr, sondern ein politisch-juristisches Land geworden. Zunächst dank der
Aufklärungskampagne der Untersuchung “lava jato” und nun ganz speziell dank der
Verhaftung von Ex-Präsident Lula, dessen berühmte Eigenlobsätze immer damit
begannen: “ Noch nie in der Geschichte Brasiliens …….” Diese kann man nun
fortsetzen, “Noch nie in der Geschichte Brasiliens ist ein Ex-Präsident wegen
kriminellen Delikten verurteilt und eingesperrt worden.”
Aber wie
bereits zu seiner Zeit als Gewerksschaftsführer und später als Präsident, Lula
polarisiert, nicht nur bei den Wählern und politisch Interessierten, nein auch
bei Richtern und besonders bei denen des obersten Gerichts. Dass es aber zu
einer solchen Situation kommen konnte, liegt an der brasilianischen Verfassung
und wie damit umgegangen wird. In der Konstitution ist klar festgelegt, dass
ein Straftäter erst nach seiner Verurteilung in letzter Instanz ins Gefängnis
marschieren muss. Da aber die brasilianische Justiz bekannt langsam arbeitet,
gelang es besonders Wohlhabenden die sich gute Anwälte finanziell leisten
konnten, der Verurteilung zu entgehen. Man ging durch alle Instanzen und
irgendwann verjährte der Prozess. Dies wiederum führte dazu, dass das oberste
Gericht im Jahr 2016 entschied, dass Verurteilte bereits nach der zweiten
Instanz gefangengenommen werden können. Eigentlich steht dies im Widerspruch
zum Grundgesetz. Nur eine Verfassungsänderung hätte dies ermöglichen können,
aber da niemand dagegen opponierte, eigenartigerweise auch nicht im Kongress, hielten
sich nun die unteren Rechtsinstanzen daran und verhafteten Verurteilte in
zweiter Instanz. Dies traf nun auch den Expräsidenten. Obwohl seine Anwälte nun
Einsprüche über Einsprüche einbringen wird die Situation immer verworrener und
das oberste Gericht, wenn es nun sein Urteil aus dem Jahr 2016 ändern sollte
immer unglaubwürdiger.
Dabei wäre
die Sachlage so einfach: Der Kongress ändert dieses Gesetz oder bestätigt es
und die Richter müssten sich daran halten. Aber bei der derzeit total
verworrenen politischen Situation wo jeder nur um seine persönliche Freiheit
und sein politisches Überleben kämpft, ist weder von der Regierung noch dem
Kongress etwas zu erwarten.
Damit werden auch weiterhin die elf obersten Richter
populärer bleiben
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