quarta-feira, 3 de outubro de 2018

Was ist denn in Brasilien los?



Das werden sich viele in Europa, Nordamerika und sogar in Asien fragen. Denn nach den letzten Wahlumfragen liegt ein einfacher Parlamentsabgeordneter, der sich nie einen großen Namen gemacht hat mit einem klaren Vorsprung auf dem ersten Platz. Selbst der kurzfristig ernannte Ersatzkandidat der Arbeiterpartei folgt erst mit ziemlichem Abstand. Die klassischen Politiker, die man seit Jahren und Jahrzehnten kennt und die auch schon Minister und Gouverneursämter inne hatten folgen abgeschlagen und werden kaum in den zweiten Wahlgang gelangen.
Was zeichnet den Kandidaten Jair Bolsonaro aus, dass gut ein Drittel der Stimmen ihm gehören sollen? Er hat kein Regierungsprogramm, er gesteht, dass er von der Wirtschaft nichts versteht und seine Interviews sind oft konfus. Was reizt aber intelligente und mündige Wähler ihm möglicherweise ihre Stimme zu geben? Eigentlich kann man es nur als Protest gegen das gesamte politische Establishment ansehen. Parteien treten bei dieser Wahl, bis auf die PT, in den Hintergrund, bei vielen Werbespots sind sie bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Es scheint wirklich so, dass viele Wähler den traditionellen Politikern einen Denkzettel verpassen wollen. Das ist durchaus legitim, denn wer den Volkswillen in den letzten zehn Jahren so verfälscht und manipuliert hat wie die führende politische Klasse, der müsste eigentlich noch viel schlimmer bestraft werden.
Doch halt, man muss auch genauer hinsehen. Wer würde den Präsidenten Bolsonaro im Parlament denn unterstützen? Das wären die Vertreter der evangelikalen Kirchen, die Vertreter des Agrobusiness und die Anhänger von Recht und Ordnung, die den Militärs sehr nahestehen. Dazu würden dann natürlich die klassischen Wendehälse von der MDP kommen, die immer auf der Mauer sitzen und seit 1985 in jeder Regierung vertreten sind. Dies riecht sehr nach konservativer Ausrichtung, und dies ist genau das was der brasilianische Mittelstand und auch die Oberschicht wieder haben wollen: “Ordem e Progresso” anstatt “Desordem e Regresso”.
Die große Frage bleibt natürlich, ob dieser Wunsch auch der harten Realität in Brasila standhalten würde.