Es hat schon viele Superlative für dieses weite, große Land gegeben: Das
Land der unbegrenzten Möglichkeiten wurde es lange genannt, später nannten es
Kritiker: das Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten, Amerikaner selbst nannten
oder nennen es heute oft noch: gods own
country.
Die Wahlen dieser Woche zeigten es jedoch sehr deutlich, die USA sind ein
gespaltenes Land. Nicht nur, weil der Amtsinhaber und wiedergewählte Präsident
gerade einmal 50 Prozent der abgegebenen Stimmen einheimsen konnte, nein ganz
einfach deshalb, weil die Bevölkerung polarisiert ist. Wenn man die Landkarte
mit den Farben der beiden Parteien versehen betrachtet, dann erkennt man sehr
schnell die beiden Amerikas. An den beiden Küsten, am Atlantik und Pazifik
sowie im Nordosten und östlichen Norden, überwiegend demokratische Wähler, der
Rest des Landes aber, Südstaaten und Mittelwesten, sind fest in
republikanischer Hand. Der Unterschied zwischen Demokraten und Republikanern
könnte derzeit nicht extremer sein.
Republikaner ist der weiße mittelständige Bürger, der einen sicheren Job
hat oder seine eigene Firma, der erfolgreiche Amerikaner, der von den
Steuergesetzen begünstigt ist und der auf dem Rücken des einfachen Mannes sein
Vermögen vermehrt. So wie der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney,
der
nur 17 Prozent Steuern bezahlt und sich an dem Niedergang vieler Firmen
bereichert hat.
Demokratische Wähler sind 93 Prozent der Afroamerikaner, 71 Prozent der
Hispanoamerikaner, die Arbeiter, die hoffen wieder ihren alten Job zu bekommen,
und was für die Partei ganz wichtig ist: überwiegend Menschen zwischen 18 und
44 Jahren. Nach dieser Feststellung müssten eigentlich die Demokraten eine
großartige Zukunft haben, denn die beiden ethnischen Gruppen wachsen stärker
als die der traditionellen weißen Amerikaner, und die Jüngeren werden älter und
sichern so der Partei auch in der Gruppe über 45 Jahren bald eine Mehrheit.
Doch so einfach ist das Wahlverhalten der Amerikaner nicht.
Nach den katastrophalen Jahren der Bush-Regierung, musste es jedem halbwegs
fähigen Bewerber gelingen das Volk mit Versprechen und Hoffnung auf sich
einzuschwören. Dies erreichte Barack Obama 2008 auch erfolgreich, mit seinem
etwas trotzig klingenden Slogan: „Yes, we
can“. Er konnte dann aber doch nicht so wie er wollte, und bekam nach zwei
Jahren rasch die Quittung. Seine Partei verlor im Abgeordnetenhaus die
Mehrheit, und damit hatte er die größten Schwierigkeiten, neue Gesetze oder
Veränderungen genehmigt zu bekommen. Damit verlor er enorm von seinem Handlungsspielraum
und musste taktieren und lavieren, um überhaupt noch was zu bewegen. Vor allem
die Hoffnung auf eine wirtschaftlichen Aufschwung, verbunden mit einem starken
Rückgang der Arbeitslosigkeit erfüllte sich nur schleppend und gerade dies
erwarteten viele Bürger so dringend.
Wir befinden uns nun eben einmal in einem wirtschaftlichen Zyklus,
besonders in der westlichen Welt, der auf Jahre keine große Hoffnung auf
bessere Zeiten bringen wird. Zu verschuldet sind die Staaten und es gibt keine
große Aussicht auf eine Steigerung der Nachfrage, denn die westlichen Länder
wachsen immer weniger. Auch die USA sind von diesem Dilemma betroffen, ja sogar
noch mehr, sie wandeln seit Jahrzehnten am Rande des Staatsbankrotts und können
sich nur mit weiteren Neuverschuldungen über Wasser halten. Dabei bleibt wenig
Spielraum für neue Arbeitsplätze, gerade in der Industrie oder den einfachen
Dienstleistungen. Nur wer Innovativ ist, ist erfolgreich, siehe Apple, Google
und andere Zukunftsunternehmen. Aber auch in der Technologieindustrie gibt es
neben den erfolgreichen Aufsteigern Absteiger: Microsoft kämpft um den
Anschluss an die Zukunft, Facebook hat sich an der Börse verhoben und Kodak
wird wohl der Vergangenheit angehören.
Was aber die USA spaltet, sind Weltanschauungen. Nahezu 50 Prozent der
Bürger halten das Land immer noch für die Führungsnation der Welt, halten ihre
konservativen Werte hoch, wie: Unternehmerfreiheit, Steuervergünstigungen für
Erfolgreiche, individuelles Waffenrecht, Schutz vor Einwanderern,
konservativ-christliche Familienmoral, was aber auch das Verbot anderer Lebenskulturen
sowie der Abtreibung einschließt. Dieser Gruppe ist der Begriff der sozialen
Gerechtigkeit und der staatlichen Hilfe für Schwache ein Gräuel. Wenn jemandem
geholfen werden soll, dann eher aus christlicher Nächstenliebe als von Seiten
des Staates. Weshalb Obamas größter und schwierigster Kampf in seiner ersten
Regierungsperiode die Schaffung eines nationalen Gesundheitssystems war. Nahezu
die Hälfte der Bevölkerung war dagegen.
Diese konservativen Vertreter halten die USA nach wie vor für den
Weltpolizisten Nummer eins, der sich auch weiterhin um den Einfluss in
kritischen Regionen kümmern sollte. Sie sehen nicht, dass die USA seit Ende des
zweiten Weltkriegs keine militärische Auseinandersetzung mehr für sich
entscheiden konnten und ihr Einfluss bereits ständig im Abklingen ist. Darin
liegt heute ein kritischer Punkt im USA-Haushalt, die Militärausgaben, sie
verschlangen und verschlingen immer noch hunderte von Milliarden Dollar, die
eigentlich dringend im Land selbst reinvestiert werden müssten. Es ist
natürlich immer schwer jemandem klar zu machen, dass seine Zukunft nicht mehr
so brillant wie bisher sein wird, gerade dagegen wehren sich die Konservativen.
Nach diesen zwar gewonnenen Wahlen, aber gespaltenem politischen Lager in
Washington, muss Präsident Obama zeigen, dass er ein pragmatischer Politiker
ist, der den Schlüssel zu Kompromissen in der Tasche hat. Nur so kann er seine
zweite Amtsperiode wenigstens zufriedenstellend hinter sich bringen und nicht als
ein enttäuschender Heilsbringer in die Geschichte eingehen, der viel versprach
und nichts halten konnte. Schon sein neues Wahlkampfmotto wies darauf hin: „Forward“. Wenigstens etwas nach vorne zu
bewegen, das scheint sein Ziel zu sein. Man kann nur im Interesse der gesamten
Welt hoffen, dass dies gelingt, denn noch stellen die USA die größte
Wirtschaftskraft der Erde dar. Sollte sie wackeln, würde es viele Länder erschüttern.
8.11.2012
eek
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