segunda-feira, 10 de junho de 2013

Beschwert Euch !


                                                

 

Heute wurde bekannt, dass Professor Walter Jens aus Tübingen mit 91 Jahren verschieden ist. Er war wohl in der deutschen Nachkriegszeit eine der schillerndsten akademischen Persönlichkeiten, der weit über die Universitätskreise hinaus bekannt wurde und auch eine gewisse Wirkung erzielte. Walter Jens war der erste, der einen Lehrstuhl für Allgemeine Rhetorik an einer deutschen Universität erhielt, und dieses Instrument wandte er auch häufig an. 1963 als er seine Professur aufnahm, entstanden bereits die ersten studentischen Demonstrationsbewegungen in deutschen Städten, Tübingen war davon wenig berührt, und Jens war als Ausgebildeter in klassischer Philologie noch zu sehr der Tradition verhaftet. Doch die 68er Bewegung ging an ihm nicht spurlos vorüber, er bewegte sich heraus aus seinem akademischen Turm und beschäftigte sich mit der Gegenwart, mit der deutschen Politik, die er zu diesen Jahren nicht gut heißen konnte. So kam er, obwohl er ein Anhänger der christlichen Kirche war, mit der politischen Führung in Deutschland in Konflikt, das ging so weit, dass Kanzler Helmut Kohl in als Kommunisten beschimpfte, weil er sich stark in der internationalen Friedensbewegung engagierte. Dabei ging es ihm nur um eine friedliche, demokratische Gesellschaft. 1990, während des ersten Golfkriegs versteckte er desertierte US-Soldaten, was ihm einen Prozess wegen Beihilfe zu Fahnenflucht einbrachte. Die Änderungen der Sozialgesetze in Deutschland, durch die Regierung Gerhard Schröder nannte er, „ eine völlige Ökonomisierung der Gesellschaft“. Damit bezog Jens stets eine individuelle, aber ehrliche Position wenn es ihm erschien, dass ein Staat seinen Bürgern gegenüber Unrecht anwenden würde.

Stéphane Hessel, der aus Berlin gebürtige französische Diplomat, trat vor einigen Jahren mit einer schmalen Broschüre an die Öffentlichkeit, die weltweites Aufsehen erregte: „indignez-vous“, „ empört Euch“ war der Titel. Er wollte es im hohen Alter einfach nicht hinnehmen, dass selbst in demokratisch gewählten Staaten, die Regierungen selbstherrlich handelten und sich so weit von den Nöten und Bedürfnissen der Bürger entfernten, dass der junge Wähler sich nicht mehr durch den Staat vertreten sieht, und entweder gleichgültig oder mit Gewalt antwortet.

Stéphane Hessels Schrift war ein Aufschrei, eines erfahrenen Staatsdieners, der nicht abgehen wollte, ohne seinem Gefühl für Gerechtigkeit nochmals freien Lauf gelassen zu haben, Walter Jens wurde dies durch seine Alzheimer-Krankheit verwehrt. Beide sind nun nicht mehr. Aber wir hören derzeit von dem Prozess gegen den amerikanischen Obergefreiten Bradley Manning, der lebenslang ins Gefängnis soll, und knapp dem elektrischen Stuhl entgehen wird, nur weil er amerikanische Kriegsgreueltaten im Irak ins Netz stellte, und so jedermann zugänglich machte. Edward Snowden ist auf der Flucht, weil er als IT-Mitarbeiter beim amerikanischen Geheimdienst NSA feststellte, dass der Staat beliebig mit jedem Bürger „ Big Brother „ spielte. Mit einem Gesetz, das 2001 im Schnellverfahren abgesegnet wurde, kann und wird nach Belieben das Telefon oder die Internetverbindung eines jeden amerikanischen Bürgers kontrolliert und überwacht. In der Zeit zwischen 1950 und 1990 wurde das in den westlichen Ländern als KGB-Methode angeprangert. Aber ein Land, das Verdächtige bereits zwölf Jahre ohne Gerichtsurteil festhält, menschenunwürdig behandelt und foltert, ist auch dazu fähig die Persönlichkeitsfreiheit seiner Bürger einzuschränken. Alles zum Wohle der allgemeinen Sicherheit.

Glücklicherweise gibt es noch Zivilcourage und Menschen die nicht auf ihren finanziellen Vorteil schauen, Bürger die wie in Istanbul auf die Straße gehen um für die Lebensqualität und den Erhalt eines Parks zu demonstrieren. Die sich von ihrem ersten Politiker als Terroristen beschimpfen lassen müssen, nur weil sie nicht einsehen wollen, dass korrupte Städteplaner einen Park in ein Luxus-Shopping Center verwandeln dürfen. Ebenso konnte ein Bradley Manning nicht ruhig bleiben, als er die Horrorbilder sah, wie amerikanische Soldaten Zivilisten wie wilde Tiere vor sich hertrieben und aus dem Hubschrauber wie Ratten abschossen. Dafür soll er nun den Rest seines Lebens in einem sogenannten „ Correctional Center „ verbringen, wie die amerikanischen Gefängnisse so schön heißen. Da muss man schon fragen, wer soll korrigiert werden, der Soldat der sich empört, oder die Vorgesetzten die solche Kriegsgreuel zugelassen haben? Edward Snowden hat die National Security Agency, bei der er arbeitete und die Geheimnisse mitbekam, rechtzeitig verlassen und befindet sich seitdem auf der Flucht. Die staatlichen Häscher werden ihn irgendwann, irgendwie erwischen.

Der Bogen von Walter Jens über Stéphane Hessel bis Bradley Manning und Edward Snowden ist weitgespannt. Allen war und ist die Freiheit des Individuums und die Gerechtigkeit des Einzelnen wichtiger als eine Staatsmacht, die auch in westlichen Ländern, immer mehr nur noch die Herrschsucht und den Machthunger der führenden Politiker  befriedigt. Was bleibt dem einzelnen Bürger? Sich zu beschweren und keine Ungerechtigkeit zu schlucken. Das ist oft sehr unangenehm und gefährlich, aber es ist die Pflicht eines Bürgers, wenn er wirklich in einer freien Gesellschaft leben will.

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