Während man in Brasilien noch versuchte nach den langen Karnevalstagen den
Weg zurück in den Alltag zu finden, überschlugen sich die Nachrichten, die aus
Europa kamen. Als erste vernahm man die völlig überraschende Notiz,
dass der deutsche Papst, Benedikt der VI., zurücktreten wolle. Ein Papst
zurücktreten ? Das hat es seit dem 15. Jahrhundert nicht mehr gegeben. Papst
sein war doch nach den Regeln der katholischen Kirche ein Lebensjob, den der
Amtsinhaber bis zur bitteren Neige auszufüllen hatte. Ein Papst wurde zwar
nicht als unsterblich erklärt, aber als christlicher Stellvertreter Gottes,
konnte er sich seinem Auftrag auch nicht beliebig oder freiwillig entziehen,
noch nicht einmal eine offensichtliche Debilität, wie sie Papst Paulo der II. in den letzten Jahren seines Lebens zeigte,
war ein Grund zum Rücktritt oder zur Amtsenthebung.
Nun hat also gerade der deutsche Papst, der streng über die krichliche
Ordnung wachte, wofür er immer wieder als zu konservativ kritisiert wurde, diesen
couragierten und unerwarteten Schritt getan. Als Grund gab er seine, durch das
hohe Alter bedingte, physische und geistige Schwäche an. Doch nachdem der erste
Schock vorüber war, kamen gewisse Zweifel an diesen Argumenten auf. Immerhin
war Papst Bendedikt noch immer in der Lage ohne Stock zu gehen, noch immer
zelebrierte er ohne große Unterstützung seine Messen. Ein schwächelnder und
gesundheitlich angeschlagener Papst sah anders aus, man erinnert sich noch an
die unseligen Bilder die von Paul dem II um die Welt gingen. Ein gebrochener
Mann, von seinen gesundheitlichen Schäden schwer geprägt, von beiden Seiten
gestützt, der sich kaum mehr verständlich artikulieren konnte. Die Gläubigen
hatten Mitleid und man war erleichert, als es mit ihm zu Ende war. Nicht so bei
Papst Ratzinger, er geht weiterhin aufrecht, eine leise Stimme hatte er immer
schon, aber seine Botschaften in verschiedenen Sprachen kommen immer noch klar
und verständlich herüber. Dieser Ordensträger will sich nun zurückziehen, weil
er angeblich den Anforderungen physisch nicht mehr gewachsen sei. Zweifel
kommen auf, tauchte nicht bereits Mitte 2012 eine Nachricht, offensichtlich von
Insidern des Vatikans auf, dass Benedikt der VI. den Monat November nicht mehr
erleben würde? Diese mysteriösen Briefe wurden nie offiziell dementiert. Denn es
war schon eigenartig. Man hörte auch immer wieder von Intrigen und Machtkämpfen
hinter den schalldichten Mauern der St. Peters-Burg in Rom, obwohl die Kirche
in ihren Führungsgremien immer ein verschwiegener Klub war. Diese
Auseinandersetzungen ließen sich bereits vor einem Jahr nicht mehr
verschweigen, als der Chef der Vatikanbank gefeuert wurde. Dabei wollte er nur
Klarheit und Transparenz in die Konten der Kirche bringen. Das gefiel einigen mächtigen
Kardinälen nicht. Dann trat auch der persönliche Adjudant des Papstes mit
vertraulichen Briefen und Schreiben an die Öffentlichkeit, wofür er schnell
verurteilt und eingesperrt wurde. In beiden Fällen spielte Benedikt eine eher
passive Rolle, und es wurde auch Außenstehenden klar, dass er in seinem inneren
Zirkel nicht nur Freunde hatte. Die in den letzten Jahren immer mehr
auftauchenden sexuellen Missgriffe von Amtsträgern, selbst in höchsten Rängen,
und in vielen Ländern, kratzte am Image der Kirche. Das zu lange Verschweigen
und unter den Teppich kehren tat ein Übriges.
So ist Papst Benedikts Rücktrittserklärung eher als eine
Misstrauenserklärung an seine Amtsbrüder zu sehen, es kann ein Punkt gekommen
sein, an dem er nicht mehr die Verantwortung übernehmen konnte und wollte, an
dem er die nötigen Veränderungen gegen den Apparat nicht mehr durchsetzen
konnte und deshalb ein unübersehbares Zeichen setze wollte, „ erneuert Euch „.
Man kann seinen Schritt auch als Schocktherapie bezeichnen: „ Mein Rücktritt
ist ein Opfer zum Wohle der Kirche, zieht die Konsequenz daraus und macht einen
Neuanfang. „ Sollte dies vom Wahlgremium so verstanden und ein
Integrationspapst gewählt werden, der wieder mehr Einigkeit erreicht, aber auch
die anstehenden Fragen zur gesellschaftlichen Veränderung lösen kann, dann wäre
die letzte Botschaft von Papst Ratzinger verstanden worden und sein Schritt
wäre sinnvoll, um nicht zu sagen heroisch.
Traurig wären dann nur die konservativen deutsche Katholiken, besonders die
aus Bayern, den ihr Freudenausruf von 2005 – „ Wir sind Papst „, hätte keine Gültigkeit mehr.
Eine andere Nachricht ging um die Welt: Zwei Kranke wollen sich gegenseitig
helfen um eine große gemeinsame Zukunft zu entwickeln. Dabei handelt es sich um
die beiden größten Wirtschaftsblöcke, die USA und die Europäische Union. Beide
sind seit der Wallstreetkrise im Jahr 2008 in Schwierigkeiten, die
amerikanische Regierung musste das gesamte private Finanzsystem unterstützen,
damit es nicht zu einem weltweiten crash kam, wie 1929. Die EU muss seitdem
eine ganze Reihe schwächelnder Mitgliedsländer unterstützen und ihnen wieder
auf die Beine helfen, damit ihre Gemeinschaftswährung Euro nicht zu „ Spielgeld
„ wird. Seitdem tendiert das Wirtschaftswachstum in beiden Regionen mehr gegen
null. Das ist dauerhaft nicht gut. Während die sogenannten „ BRICS-Länder“
immer Jahr für Jahr zulegten, steht die erste Welt so gut wie still. Zwar
gelang es der deutschen Wirtschaft weiterhin sich stabil zu halten und sogar
Jahr für Jahr um einige Prozentsätze zu wachsen, aber 2012 war auch dies
vorbei. Um nun diese paralysierte Situation zu ändern, haben sich die USA und
ihr europäische Partner abgesprochen mit Verhandlungen zur Bildung einer großen
freien Handelszone zu beginnen. Dies würde bedeuten, dass der bereits auf
breiter Basis existierende Waren und Diensleistungsaustausch noch weiter
erleichtert werden wird, mit dem Ziel die Wirtschaft auf beiden Seiten des
Atlantiks zu stimulieren. Es ist ein ambitiöses Vorhaben, aber sollte es
gelingen, könnte es für beide Partner zum Vorteil sein.
Die dritte, große Wirtschaftsmacht, China, würde dies sicher empfindlich
spüren, ebenso wie Indien. Zwar haben beide Länder einen enormen, noch
unbefriedigten Binnenmarkt, der noch entwickelt werden muss, aber so manches
heute in China gefertigte Produkt, könnte in den „ Billigregionen“ Europas
hergestellt und nach USA verschifft werden. Ebenso könnte so manche Internet
und Softwaredienstleistung statt in Indien in einem der beiden Partnerregionen
bearbeitet werden. Deshalb darf man gespannt sein, wie diese großen asiatischen
Wirtschaftsmächte reagieren werden. Brasilien wird damit ebenfalls vor eine
neue Situation gestellt werden. Das Land, das meint auf dem besten Weg zu einem
„ global player“ zu sein, wird dadurch noch mehr isloliert werden. Die
Wirtschaftsgemeinschaft Mercosul, stellt sich nun als nicht mehr und nicht
weniger als ein Klotz am Bein Brasiliens heraus. Seit vielen Jahren wird
versucht zwischen dieser südamerikanischen Gemeinschaft und der EU ein Abkommen
auszuhandeln, doch trotz aller Anstrengungen auf beiden Seiten, es kam bisher
zu keinem Ergebnis. Mal konnte man sich auf dem Gebiet der Agrarprodukte nicht
einigen, mal war die Beachtung der Patente ein Hindernis und in jüngster Zeit
ist es der Partner in Buenos Aires, der versucht sich abzuschotten um seine
marode Lage nicht noch zu verschlimmern. Doch diese Absicht, führt genau zum
Gegenteil, Argentiniens Isolierung wird dem Land schlecht bekommen und auch
Brasilien auf dem Weltmarkt behindern. Der Estado de São Paulo berichtet heute,
dass Brasilien in den letzten zwanzig Jahren lediglich zwei Abkommen über einen
freien Handel abgeschlossen hätte, mit Israel und Ägypten. Wobei nur das
erstere derzeit in Kraft ist. In der gleichen Zeit hat Chile 21, die USA 14,
Mexiko 13, Peru 12 und Kolumbien 11 Abkommen mit verschiedenen Ländern
abgeschlossen. Man kann daraus leicht erkennen, dass sich Brasilien letztlich
eher vom Weltmarkt abschottet anstatt in ihm zu wachsen, von Argentinien
garnicht zu reden.
Wenn die Regierungen in Brasilia und Buenos Aires nicht bald reagieren und
sich aktiver auf dem wirtschaftspolitischen Markt betätigen, können sie leicht
zu den Verlierern des zweiten Jahrzehnts des neuen Jahrhunderts werden.
Brasilien muss sich dann eben mit der Rolle des Rohstoff und Agrarexporteurs
zufrieden geben, wobei gerade bei dem zweiten Produkt viele Länder wie die USA
und auch Europa, besonders Frankreich, hohe Barrieren zum Schutz ihrer eigenen
Landwirtschaft aufrecht halten. Wenn man die ständigen Hürden betrachtet, die
immer wieder, und oft sehr spontan den brasiliansichen Fleischexport behindern,
dann sieht man leicht in welch unangenehmer Lage sich der brasilianische Export
befindet. Die einzige Chance, diese Situation zu verbessern, liegt daran, rasch
und unkompliziert Freihandelsabkommen mit wichtigen Partnern abzuschließen,
denn sonst entfernt sich Brasilien noch mehr von der Weltspitze, was für den
Verbraucher zur Folge hat, dass sich seine Lebenshaltungskosten, die heute
schon sehr teuer sind, weiter steigern werden.
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