Letzte Woche fand in Curitiba der Kongress der Germanisten
Lateinamerikas statt. Neben vielen interessanten Beiträgen zur Literatur war
auch die deutsche Sprache selbst ein wichtiges Thema. Gerade nachdem in den
letzten zehn Jahren die Rechtsschreibreform einige Kapriolen geschlagen hat,
und eigentlich nur noch die strengen Schullehrer wissen wie man korrekt Deutsch
schreibt, wurde diesem Thema in mehreren Arbeitskreisen ausreichend Platz
eingeräumt. Da ging es um die genderkorrekte Anwendung, um die regionalen
Nuancen, die es in Deutschland schon immer gab, aber oft von dem Zwang zur
ausschließlichen Benutzung des Hochdeutschen überlagert wurden. Die Frage der
Anglizismen durfte nicht fehlen, und vor allem weil der Kongress in Brasilen
stattfand, wurde auch das recht facettenreiche Deutsch mit portugiesischem
Einfluss untersucht.
Es ist somit durchaus sprachlich korrekt, wenn der Schwabe vom Wecken
spricht, der Bayer von der Semmel, weiter im Zentrum des Landes nennt man es
Brötchen und der Hamburger beißt dann in ein Rundstück hinein. Nicht viel
anders verhält es sich mit der in Deutschland so beliebten Wurst, die der Schweizer
Cervelat nennt, der Schwabe Rote Wurst, der Hesse Rindswurst und der
Norddeutsche Grillwurst.
Eine traditionell starke Abweichung stellt das österreichische Deutsch
dar, das wirklich einen ganzen Katalog von eigenen Begriffen hat, die einem
Deutschen wenig sagen. Der Jänner als Januar ist noch zu verstehen, wenn aber
vom Kren gesprochen wird, dann ist jeder Deutsche ratlos, und kommt nie darauf,
dass es sich um Meerrettich handelt, was allerdings auch ein eigenartiges Wort
ist, denn die Wurzel wächst nicht im Meer.
Der Kongress beschäftigte sich auch damit, wie die Schwierigkeit zu
überwinden wäre diese Variationen dem Schüler der Deutsch lernen will zu
erklären. Das ist nun wirklich eine große Herausforderung, besonders wenn er
sein Deutsch in Hannover erlernt hat und dann in Bayern weiterstudieren will.
Da haben selbst waschechte Deutsche ein gewisses Problem.
In einem Seminar wurde auch die Entwicklung des Deutschen bei den
verschiedenen Einwanderergruppen in Brasilien untersucht. Dabei wurde festgestellt,
dass sich nicht nur der Einfluss des Portugiesischen bemerkbar machte, sondern
fast noch stärker der aus der ehemaligen Heimat mitgebrachte Dialekt. Bei
Vergleichen zwischen Einwanderern aus dem Hunsrück, aus Pommern oder bei den
Menoniten, kamen recht unterschiedliche Einflüsse heraus. Dass man in Santa
Catarina auf die " poltronen schuven " lässt, ist sicher allseits
bekannt, dass auch selbst Einwanderer der ersten Generation bald mehr
preokupiert als besorgt sind, findet man häufig, und ihren Abfall in den "
lixo" werfen.
Das Fazit des Kongresses war, wie nicht anders zu erwarten, dass Deutsch
heute eine multikulturelle Sprache ist, die im Mutterland selbst ständiger
Einflüsse ausgesetzt ist und dies weder verhindern kann noch sollte. Die Sprachpuristen,
die sich so sehr gegen die Anglizismen wehren, sollten sich daran erinnern,
dass ein wichtiger Teil der Sprache mit lateinischen Begriffen durchsetzt ist,
ebenso wie im 19. und frühen 20. Jahrhundert die Französismen gang und gäbe
waren. Noch meiner Großmutter ging immer auf dem Trottoir und wusch sich im
Waschlavor.
Dies alles soll jedoch kein Freibrief für schlechtes Deutsch oder eine
fehlerhafte Schreibschrift sein. Die grammatikalische Basis, die von den
Brüdern Grimm entwickelt wurde, hat auch noch heute ihre Gültigkeit, und zu
einem schönen, erzählenden Deutsch gehört auch ein korrekter Satzbau.
Nenhum comentário:
Postar um comentário