So dicht
liegen in Brasilien die Möglichkeiten zusammen. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis
der Werkzeugmechaniker Inácio Lula da Silva aus der Automobilregion von São
Bernardo de Campo, über seinen langen Weg als Gewerkschaftler der
Metallindustrie und schließlich als deren Anführer, zum meistbeachteten
brasilianischen Politiker und schließlich zum Präsidenten gewählt wurde. Es war
ein Weg wie im Märchen, vom armen Jungen aus dem Sertão des Nordostens an die
Spitze des fünftgrößten Landes der Erde.
So wurde es
dann auch aufgenommen, im Land selbst, denn er erreichte diese Position nach
einer demokratisch, legalen Wahl und besonders in den Ländern der ersten Welt,
wo man schon lange eine Schwäche für sogenannte “underdogs” in der Politik hat,
da sie letztlich das soziale Gewissen beruhigen. Selbst der amerikanische
Präsident nannte ihn tief beeindruckt: “he´s the guy”.
Wo immer
Präsident Lula hinreiste, und er reiste sehr viel, wurde er mit Zuneigung und
Respekt empfangen. Man war davon überzeugt, dass nun in Brasilien und damit
vielleicht in ganz Südamerika andere Zeiten beginnen würden. Vorbei die
Diktatoren, die Zeit der Militärregierungen und auch vorbei die Zeit da
Präsidenten nur aus der gesellschaftlichen Elite stammten, während das Volk mit
einem Hungerlohn abgespeist wurde. Nun endlich würde soziale Gerechtigkeit
einkehren und das Land sich richtig entwickeln.
Die erste
Amtsperiode von 2003 bis 2006 schien auch diese Erwartungen voll zu erfüllen.
Der neue Präsident hatte keine Vorurteile und ließ sowohl traditionelle
Parteien als auch Wirtschaftsführer an seiner Regierung teilhaben. Es schien,
dass ihm der Spagat zwischen sozialer
Gerechtigkeit und wirtschaftlichem Fortschritt voll gelingen würde. Als dann
nach seiner Wiederwahl im Jahr 2007 die ersten Korruptionsvorwürfe um gekaufte
Stimmen im Kongress auftauchten, war zwar sein Ansehen zunächst einmal
angekratzt, aber eloquent wie Lula immer ist, verwies er darauf, dass ihn
selbst engste Mitarbeiter getäuscht und enttäuscht hätten. Sie mussten dann den
Kopf hin halten und wanderten ins Gefängnis.
Auch die
Wirtschaftskrise von 2008 winkte er mit einem Lächeln durch, nannte sie für
Brasilien höchstens ein ”Windchen”. Dementsprechend
gelang es ihm dann auch im Jahr 2010 seine eigentlich unpopuläre Ministerin
Dilma Rousseff als Nachfolgerin in den Präsidentenpalast wählen zu lassen. Es ging
nun nicht mehr ganz so geschmiert, erste Korruptionsfälle und auch eine
beginnende stagnierte Wirtschaft stellten das Programm der Arbeiterpartei
bereits in Frage, aber im Wahlkampf 2014 warf sich Lula noch einmal kräftig ins
Zeug und garantierte seiner Nachfolgerin die Wiederwahl.
Danach ging
es ziemlich schnell abwärts, bis sie im Winter 2016 abgewählt wurde. Nun konnte
auch Lula nichts mehr retten.
Inzwischen interessiert sich die Polizei und
die Justiz immer mehr um Stimmenkauf, illegale Wahlgeschenke von Konzernen im
Tausch für Staatsaufträge und billige Staatskredite. Staatsbetriebe wie die
Ölgesellschaft Petrobras wurden nur noch dazu benutzt damit sich Politiker und
Parteien bereichern konnten, kurz eine Korruptionswelle kam ins Rollen, die bis
heute noch lange nicht voll aufgeklärt ist. Inmitten dieser Welle befindet sich
die Arbeiterpartei und ihre führenden Funktionäre und Minister als Meister der
offenen Hand und der verschobenen Staatsgelder. Auch Ex-Präsident Lula hat sich
offensichtlich ordentlich bedienen lassen, hier ein Apartment dort ein Sitio oder
ein Grundstück, ein Schelm wer Böses dabei denkt. Mittlerweile liegen seine
Akten bei der Justiz in Curitiba, und eine Verurteilung wurde bereits
ausgesprochen, die jedoch in der ersten Instanz noch keine rechtliche Wirkung
hat.
In einem Jahr
wird in Brasilien der neue Präsident gewählt und bereits heute, beginnen die
Meinungsforschungsinstitute mit ihren Umfragen. Dabei liegt Ex-Präsident Lula
mit weitem Abstand an der Spitze. Offensichtlich hat ihm der Prozess vor dem
Gericht in Curitiba nicht sehr geschadet. Die Beweise von passiver Korruption
sind zwar erdrückend, wenn aber das Berufungsgericht in zweiter Instanz das
Urteil nicht bestätigen würde, stände einer Wiederwahl Lulas im Jahr 2018 nichts
im Wege.
Dieses mal liegt aber die Entscheidung Alvorada oder Curitiba
nicht bei ihm oder den Wählern, sondern bei der Justiz.
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